Hoffen – Helfen – Heilen
23. Februar 2021

Blutkrebs besiegt – Treffen mit dem Lebensretter

Von Leukämie geheilte Saarländerin lernt endlich ihren Stammzellspender kennen

Nach zwei Jahren anonymem Briefkontakt haben sich Florian Schwarz und Desiree Bernarding jetzt zum ersten Mal getroffen. Sie haben eine besondere Verbindung zueinander: Dank der Stammzellspende des 35-Jährigen Saarländers hat Desiree Bernarding die Leukämie überlebt. Das war nur möglich, weil er als potenzieller Spender bei der Stefan-Morsch-Stiftung registriert ist, Deutschlands erster Stammzellspenderdatei.

Als Florian Schwarz in die Einfahrt vorfährt, wartet Desiree Bernarding schon am Fenster. „Wie schön, dass du endlich da bist“, begrüßt sie ihn. Auch der Hüttersdorfer freut sich über das Treffen: „Ich kann das Gefühl gar nicht beschreiben, wie es ist, ihr jetzt gegenüber zu stehen. Einfach sensationell. Ich freue mich, dass ich ihr mit meiner Stammzellspende helfen konnte und wir uns nun kennenlernen.“

Diagnose Blutkrebs war eim Schock

Die Diagnose Leukämie war für die 56-jährige aus Wadern und ihre Familie ein Schock: „Für mich war das wie ein Todesurteil“, erinnert sich Desiree Bernarding. Schnell war klar, Chemotherapie und Bestrahlung helfen der dreifachen Großmutter nicht, die Krankheit zu besiegen. Wie bei vielen Patienten war auch für sie eine Stammzelltransplantation die letzte Hoffnung. In solchen Fällen wird ein Spender benötigt, der die gleichen genetischen Gewebemerkmale hat, wie der Patient. Die Chance, in den Stammzellspenderdateien weltweit den eigenen genetischen Zwilling zu finden, kann bei eins zu mehreren Millionen liegen. Doch Desiree Bernarding hatte Glück: Der Lebensmitteltechnologe ließ sich vor Jahren bei der Stefan-Morsch-Stiftung registriert – genau für den Fall, dass ein Mensch mit Leukämie seine Hilfe braucht.

Seit 35 Jahren Hilfe für Blutkrebspatienten

Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist Pionier in der Vermittlung von Spendern für Blutkrebspatienten weltweit. In diesem Jahr feiert Deutschlands erste Stammzellspenderdatei ihr 35-jähriges Jubiläum. Stefan Morsch war der erste Europäer, der mithilfe der Stammzelltransplantation eines nicht Verwandten von der Leukämie geheilt wurde. Doch er starb unerwartet an den Folgen einer Lungenentzündung. Auf Stefans Wunsch hin gründeten seine Eltern die Stiftung, mit dem Ziel, die Überlebenschancen für Blutkrebskranke zu verbessern. Florian Schwarz ist einer von jährlich rund 600 Spendern der gemeinnützigen Organisation, die auf diese Weise Betroffenen überall auf der Welt helfen. Den Erfolg seiner Stammzellentnahme betrachtet er als Zusammenspiel mehrerer Faktoren: „Es fällt mir schwer, die richtigen Worte für meine Gefühle zu finden. Ich freue mich riesig, dass es geklappt hat. Aber das war ich nicht alleine. Da waren ganz viele Menschen, die daran gearbeitet haben – bei der Stiftung, in der Klinik, Familie und Freunde oder mein Arbeitgeber, der mich unkompliziert für die Spende freigestellt hat. Aber es gab auch viele, die Desiree und ihre Familie unterstützt haben. All diesen Menschen möchten wir ganz herzlich danken!“

Mehr als genetische Zwillinge

Dass Florian Schwarz und Desiree Bernarding noch mehr Gemeinsamkeiten haben als die Genmerkmale, haben sie schon kurz nach der Transplantation gemerkt: „Man darf sich erst zwei Jahre nach der Spende persönlich kennenlernen. Über die Stiftung konnten wir uns aber anonymisierte Briefe schreiben. Mir war schnell klar, wir ticken gleich. Wir lesen zum Beispiel die gleichen Bücher, mögen Urlaub in den Bergen, Gummibärchen und Salami – mein absoluter Lieblingsbrotbelag“, erzählt er lachend. Desiree Bernarding verrät: „Mein Mann und ich sind schon lange Vegetarier, aber seit der Transplantation kann ich nicht mehr auf Salami verzichten.“ Neben dieser Vorliebe hat sie auch seine Blutgruppe übernommen: „Er ist jetzt mein Blutsbruder, sage ich immer. Eigentlich ist er wie der kleine Bruder, den ich mir früher gewünscht habe.“ Besonders freuen sie sich, dass sie nur zwei Orte entfernt wohnen. Das wissen sie erst, seit sie über die Stiftung die Adressen austauschen konnten. „Das ist einfach super, denn wir wollen uns regelmäßig treffen und die Nähe macht es unglaublich leicht. Wir haben sogar gemeinsame Bekannte“, erzählt Florian Schwarz, der im Schützenverein St. Hubertus Heusweiler aktiv ist. „Das gibt es nur im Saarland“, ergänzt Desiree Bernarding lachend.

Treffen in Zeiten der Corona-Pandemie

Wegen der Umstände durch die Pandemie hat die dreifache Großmutter besondere Vorkehrungen für ihr Treffen vorbereitet. „Mein geschwächtes Immunsystem hätte gegen eine Infektion mit dem Corona-Virus kaum eine Chance. Aber das Treffen lag mir jetzt sehr am Herzen. Deshalb haben wir uns auf unserer Terrasse getroffen und medizinische Masken getragen. Mit Lammfellen, Heizdecken, Lagerfeuer und selbstgemachtem Glühwein war es dann trotz Kälte gemütlich.“ Florian Schwarz ergänzt: „Dieses Treffen ist für mich etwas ganz Besonderes – und der Anfang einer schönen Freundschaft. Das wollen wir auf jeden Fall regelmäßig wiederholen.“

Herausforderungen der Hilfe gegen Blutkrebs durch Pandemie

Auch die Hilfe gegen Blutkrebs ist von den Corona-Auflagen betroffen. Typisierungsaktionen vor Ort sind derzeit gar nicht möglich. Im Vergleich zu 2019 haben sich deshalb 2020 rund 75 Prozent weniger Menschen als mögliche Stammzellspender neu registriert: „Blutkrebs macht trotz Corona keine Pause. Mehr denn je sind wir jetzt auf die Mithilfe von jedem Einzelnen angewiesen, um die Herausforderungen durch die Pandemie zu meistern – und trotzdem für jeden Erkrankten einen Spender zu finden. Es ist deshalb wichtig, dass sich viele Menschen über unsere Homepage online registrieren. Das funktioniert auch im Lockdown“, erklärt Susanne Morsch, Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Hier kann man sich in nur wenigen Schritten anmelden. Danach bekommt man ein Typisierungs-Set mit Anleitung per Post zugesendet, mit dem man eine Speichelprobe entnehmen kann. Das schickt man dann einfach wieder an die Stiftung zurück. Danach steht man als potenzieller Lebensretter für Patienten weltweit zur Verfügung – oder eben für einen Menschen ganz in der Nähe.

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