18. Oktober 2018

Stammzellspende knüpft ein unsichtbares Band

Als das Flugzeug am Flughafen in Belgrad landet, wird Sofia Burkard aus Haan (Kreis Mettmann) empfangen mit Blumen, Kinder umarmen sie und jemand hält diesen besonderen Moment mit dem Handy fest. Die 21-Jährige hat im Februar 2016 bei der Stefan-Morsch-Stiftung, Hilfe für Leukämie und Tumorkranke, Stammzellen gespendet und so dem 42-jährigen Dobrivoje Stepanović geholfen, den Blutkrebs zu besiegen. „Ihn kennenzulernen war, als hätte ich ein Familienmitglied dazugewonnen, von dem ich nicht wusste, dass es bisher gefehlt hat“, beschreibt die junge Frau ihr Gefühl nach dem Besuch in Belgrad. 

Registrierung während der Blutspende

Derzeit macht sie für das Pflegemanagement Studium eine Ausbildung in der Altenpflege. Mit achtzehn Jahren entschied sie sich spontan dazu, zur Blutspende zu gehen. Bei dem Termin war auch die Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands erste Stammzellspenderdatei, vor Ort. Die Schülerin erhielt eine Broschüre über das Spenden von Stammzellen und ließ sich informieren. „Manchen Leukämiepatienten kann nur noch die Transplantation fremder Stammzellen helfen, nicht an der Krankheit zu sterben. Für mehr als zwei Drittel der Erkrankten gibt es keinen passenden Spender in der Familie. Dann wird weltweit nach einem Spender gesucht, der die passenden genetischen Merkmale wie der Patient besitzt“, so die Stiftung. „Von dem Thema hatte ich vorher leider nie etwas mitbekommen. Die Registrierung war sehr unkompliziert dafür, dass sie so wichtig sein sollte und einer Familie vielleicht eine Chance geben würde, einen passenden Stammzellspender zu finden“, erinnert sich die 21-Jährige, die sich damals in der Datei registrieren ließ.

Für die Typisierung wurde einfach mit einem Stäbchen ein Abstrich im Mund gemacht. Im Labor der Stiftung wurden aus dieser Speichelprobe die für eine Stammzelltransplantation relevanten Gewebemerkmale bestimmt. Diese werden pseudonymisiert in das Zentrale Knochenmarkspender-Register für die Bundesrepublik Deutschland (ZKRD) eingespeist. Fast 30 Dateien – wie die Stefan-Morsch-Stiftung – tragen die Daten der Spender dort ein, damit sie für weltweite Suchanfragen zur Verfügung stehen.

„Ich fühlte, die Registrierung würde was nach sich ziehen.“

Als sich nur vier Wochen nach der Registrierung die Stefan-Morsch-Stiftung bei ihr meldet, erinnert sich Sofia Burkard direkt an ihr Gefühl bei der Registrierung zurück. „Beim Unterschreiben einen Monat vorher fühlte ich mich bewegt und hatte den Eindruck, es würde was nach sich ziehen. Die Anfrage von der Stiftung zu lesen war für mich die Antwort auf ein Stoßgebet bei der Registrierung.“

Zwei Jahre nach Spende – Besuch in Belgrad

Während sie in der Entnahmeeinheit der Stiftung im rheinland-pfälzischen Birkenfeld spendete, wusste sie nicht, wer auf den Beutel mit der roten Flüssigkeit wartete: Der heute 44-jährige Familienvater und mit ihm seine Frau und die beiden Kinder. Kaum mehr als zwei Jahre später steht die junge Frau, die nicht gern im Vordergrund ist, im Zentrum der Familie Stepanović: „Wir waren in den Nachrichten und in der Tageszeitung. Es war ihm ein Bedürfnis in Serbien mehr Menschen auf das Thema aufmerksam zu machen. Wir trafen uns mit Dobrivojes Transplanteurin, besuchten die Station, auf der er behandelt wurde. Jeder Tag war besonders und für mich war es schön, seine Familie und sein Umfeld bei den Unternehmungen kennenzulernen. Wir haben zusammen eine Flussfahrt gemacht und an wunderschönen Aussichtspunkten gemeinsam gegessen. Die Fahrradtour machten wir allein und jeder hat etwas über sich erzählt.“ Ein paar Ähnlichkeiten haben sie festgestellt: „Wir trinken beide gerne schwarzen Kaffee, mögen Bücher über psychologische Themen und seine Tochter heißt wie ich – Sofija.“

Stammzellspende knüpft unsichtbares Band

Vor zwei Jahren war Dobrivoje Stepanović noch weit davon entfernt, an eine Begegnung mit seiner Spenderin zu denken. Mit ihren Stammzellen im Körper kämpfte er gegen die Leukämie und seine Familie bangte um sein Leben. Sofia Burkard bereitete sich zu dem Zeitpunkt gerade auf die Abiturprüfungen vor. Das Spenden gab ihr eine andere Sichtweise auf ihre eigene Gesundheit: „Das Gesundsein wurde in der Zeit der Spende so zum Thema, dass ich es als das besondere Geschenk gesehen habe, das es eigentlich ist.“

Das Gefühl, mit jemandem auf eine besondere Weise verbunden zu sein, bleibt. „Die Vorbereitung auf die Spende hatte etwas von einer Schwangerschaft. Es war ein Gefühl da, zwei zu sein.“, beschreibt sie ihr Empfinden gegenüber dem fremden Empfänger.“

Eine besondere Geburtstagsüberraschung

Fast genau zwei Jahre nach der Spende bekommt sie einen anonymen Brief ihres Empfängers über die Stefan-Morsch-Stiftung zugestellt. Sie hält ihn eine Weile fest, als würde sie das Besondere an dem Papier mit den Fingern aufnehmen können und öffnet ihn erst in einem ruhigen Moment. Stepanović erzählt darin, wie sein Leben jetzt abläuft, von den Kontrolluntersuchungen, während denen er immer an seine Lebensretterin denkt. Nach dem anonymen Briefwechsel willigen beide ein, die Kontaktdaten auszutauschen. Wenige Wochen später wurde Sofia Burkard schon nach Belgrad eingeladen und der Flug gebucht. „Die Typisierung, die Spende und das Treffen meines Empfängers und seiner Familie – das hat mich glücklich gemacht und mir den Sinn des Lebens nochmal nähergebracht“, erzählt sie als Christin. Sie plant schon den nächsten Besuch: „Dobrivojes Frau hat sich gemeldet. Wir machen gerade ein zweites Treffen im November aus. Als Überraschungsgast hat sie mich zu seinem Geburtstag eingeladen. Ich freue mich sehr und bin gespannt.“ (az)

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