Zehn Prozent der Erkrankten ohne lebensrettenden genetischen Zwilling
Es ist ein Meilenstein in der Geschichte der Stefan-Morsch-Stiftung: Seit dem 15.11.2024 sind beeindruckende 500.000 potenzielle Stammzellspender:innen bei Deutschlands erster Stammzellspenderdatei registriert. Definitiv ein Grund zu feiern – aber keiner, um sich auf dem Erreichten auszuruhen. Denn immer noch finden allein in Deutschland rund zehn Prozent der Patient:innen, die lebensbedrohlich an Leukämie oder einer anderen Blutkrebsart erkrankt sind keine:n passende:n Spender:in.
Stiftung im Andenken an Stefan Morsch gegründet
Vor 40 Jahren gab seine Heilung vielen Menschen Hoffnung – und war eine medizinische Sensation: Stefan Morsch war der erste Europäer, dessen Leukämie durch die Stammzellübertragung eines nicht verwandten Spenders geheilt werden konnte. Als der 17-Jährige ein halbes Jahr später unerwartet an einer Lungenentzündung stirbt, beschließen seine Eltern, den Wunsch ihres Kindes Realität werden zu lassen. Sie gründen 1986 Deutschlands erste Stammzellspenderdatei, um auch anderen Betroffenen eine Chance auf Leben zu ermöglichen.
Fortlaufend neue Stammzellspender:innen gesucht!
Seither ist viel passiert. Auf Initiative der Stiftung wird 1992 das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) in Ulm gegründet, das die Spenderdaten aller deutschen Stammzellspenderdateien zentral erfasst. Seit damals hat allein die Stefan-Morsch-Stiftung knapp 700.000 potenzielle Lebensretter:innen an das zentrale Register übermittelt. Doch nachlassen dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotzdem nicht: „Jedes Jahr müssen wir die Daten von zirka 15.000 möglichen Stammzellspendern löschen – etwa aus Alters- oder gesundheitlichen Gründen“, erläutert Maico Schmidt, Leiter Stammzellspenderdatei. Dass die Geburtenrate nicht nur in Deutschland seit Jahrzehnten rückläufig ist, spiegelt sich auch in der Altersstruktur der Stammzellspenderdatei wider: „Das Ziel war immer jedes Jahr ein Plus von 10.000 Spender zu erzielen. Früher haben 20.000 Neuaufnahmen pro Jahr gereicht, da weniger Daten gelöscht werden mussten. Aufgrund der Altersstruktur und dem Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge, müssen heute durchschnittlich 15.000 Datensätze gelöscht werden. Das bedeutet für uns, dass wir etwa 25.000 neue Spender und Spenderinnen pro Jahr gewinnen müssen, um dies auszugleichen – und ein Plus von 10.000 Spendern zu gewährleisten“, so Schmidt weiter.
Stiftung verwaltet auch die einzige luxemburgische Stammzellspenderdatei
Die 500.000-Marke wurde auch mit Hilfe des Nachbarlandes Luxemburg erreicht: Seit 2013 nimmt die Stefan-Morsch-Stiftung dort die Aufgaben eines Nationalregisters für potenzielle Stammzellspender:innen wahr. „Die halbe Million setzt sich aus unserer deutschen sowie aus der luxemburgischen Datenbank zusammen: Tagesaktuell sind dort 478.069 beziehungsweise 22.176 Menschen registriert“ erläutert Maico Schmidt. „Wir freuen uns sehr über diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit.“
Genmerkmale müssen übereinstimmen
Passende Stammzellspender:innen zu finden, ist immer wieder ein echter Glücksfall. Das liegt an den sogenannten HLA-Merkmalen. Diese genetischen Gewebemerkmale kommen in unzähligen Varianten vor, müssen jedoch bei Spender:in und Empfänger:in übereinstimmen, damit eine Transplantation überhaupt möglich ist. Zudem gibt es Unterschiede – je nach regionaler und ethnischer Herkunft. PD Dr. Joannis Mytilineos, der medizinische Geschäftsführer des ZKRD betont: „Es ist wichtig, dass sich Menschen aus verschiedenen Nationen und Ethnien als Knochenmarkspender registrieren. Je mehr Vielfalt wir haben, desto höher sind die Chancen für Patienten, einen passenden Spender zu finden. Jeder kann helfen, Leben zu retten!“
Leukämiehilfe ist auf Solidarität angewiesen
Um das zu erreichen, kooperiert die Stefan-Morsch-Stiftung zum Beispiel mit Schulen, Vereinen, Firmen oder Universitäten. Auch auf Festivals oder Konzerten sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutschlandweit unterwegs, um über die Stammzellspende aufzuklären und für die Registrierung zu werben. „Man muss den Menschen einfach bewusst machen, dass diese lebensrettende Therapie nur möglich ist, wenn wir solidarisch sind“, erklärt Maico Schmidt. „Aber diese Hilfe ist keine Einbahnstraße. Was wir immer und immer wieder von unseren Spendern hören, ist, wie glücklich es sie macht, einem anderen Menschen geholfen oder sogar das Leben gerettet zu haben. Kann es etwas Größeres geben?“