Hoffen – Helfen – Heilen

Ein kleiner Piek vor vier Jahren war Ansgar Kohlers erster Schritt auf dem Weg zum Lebensretter. In der Luitpold-Kaserne in Dillingen an der Donau ließ sich der 25-Jährige aus Buch am Ahorn (Main-Tauber-Kreis) im Herbst 2010 als Stammzellspender bei der Stefan-Morsch-Stiftung registrieren. Jetzt hat der Soldat den zweiten entscheidenden Schritt getan: Er hat seinem an Leukämie erkrankten genetischen Zwilling, einem ihm völlig fremden Menschen, mit einer Stammzellspende die Chance gegeben, den Blutkrebs zu besiegen.Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld (Rheinland-Pfalz) ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die Stiftung seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. Beinahe täglich sind Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um junge Menschen als Stammzellspender zu gewinnen. So werden etwa zusammen mit dem Sanitätsdienst der Bundeswehr in verschiedenen Kasernen die Soldaten über diese Chancen der Stammzellspende aufgeklärt.
Ansgar Kohler war 2010 noch in Dillingen an der Donau stationiert. Um sich als möglicher Lebensretter bei der Stefan-Morsch-Stiftung zu registrieren, lässt er sich eine Blutprobe abnehmen. So viel wie in einen Fingerhut passt. Das Blut wird auf die transplantationsrelevanten Gewebemerkmale, die HLA-Werte, untersucht und dann anonym im deutschen Zentralregister des ZKRD gespeichert. Dort laufen die Suchanfragen aus aller Welt auf. Gibt es eine Übereinstimmung von Kohlers Merkmalen mit den Daten eines Patienten, wird die entsprechende Stammzellspenderdatei informiert, die sich dann mit dem Spender in Verbindung setzt.
Mittlerweile ist Ansgar Kohler Feldwebelanwärter beim Bataillon für Feldwebel- und Unteroffiziersanwärter in Altenstadt. Danach möchte er ins Personalmanagement bei der Deutsch/französischen Brigade in Mühlheim. Er interessiert sich sehr für Sport – spielt Fußball beim VfB Boxberg, geht Joggen und macht Kraftsport. Aber die meiste Zeit möchte er mit seiner Freundin verbringen: „Ich bin frisch in einer Beziehung. Wir sind gerade zusammengezogen“, erzählt er glücklich.
Im Frühling 2014 ruft ihn eine Mitarbeiterin der Stefan-Morsch-Stiftung an und erklärt, dass er als Spender für einen Leukämiepatienten in Frage kommt, ob er zur Stammzellspende bereit wäre. „Ich ließ mich zuerst aufklären. Und dann hab ich gar nicht mehr groß darüber nachgedacht und ‚Ja‘ gesagt.“ Die Familie steht hinter ihm, obwohl sie sich Sorgen um mögliche Nebenwirkungen macht. Auch seine Vorgesetzten bei der Bundeswehr unterstützen sein Engagement: „Das ist nichts neues für sie, es haben schon mehr Soldaten gespendet. Ich habe sogar Sonderurlaub bekommen“, sagt Kohler.
Bevor der sportliche Soldat Stammzellen spenden durfte, wurde er noch umfangreich aufgeklärt und genau untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu herauszufinden, ob er wirklich der optimale Spender ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass der Spender ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung sowie An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen. „Ich wurde sehr gut aufgeklärt und gründlich untersucht. Sehr detailliert wurde mir erklärt, warum sie was machen. Es wurde sehr viel Wert darauf gelegt, dass ich auf dem Laufenden bin.“
Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.
Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Weder der Spender noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Ansgar Kohler und sein Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.
Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg: Parallel zur Vorbereitung des 25-Jährigen wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: Sein Immunsystem wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet. Emil Morsch, Vorstandsvorsitzender der Stefan-Morsch-Stiftung: „Eine Transplantation ist immer eine letzte Chance. Diese Chance hat er nur durch Ansgar Kohler.“
Stammzellen hat der Feldwebelanwärter per Apherese gespendet: „Ich würde es nochmal machen. Ich hoffe, dass ich helfen und der Patient die Krankheit besiegen kann.“

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