Im Oktober 2007 standen 1400 Menschen in der Gemeindehalle in Oberreidenbach Schlange. Sie alle hatten die Ärmel hochgekrempelt, um einem jungen Mann zu helfen, der an Leukämie erkrankt war. Dominik Lieser war auch einer der Menschen, die sich wenige Milliliter Blut abnehmen ließen und so Mitglied der Stammzellspenderdatei der Stefan-Morsch-Stiftung in Birkenfeld wurden. Jetzt – fast sechs Jahre – später hilft der Aufruf von damals, immer noch Leben zu retten. Denn Dominik Lieser hat jetzt Stammzellen für einen ihm unbekannten Patienten gespendet, der an Blutkrebs erkrankt ist – dessen einzige Chance geheilt zu werden. Dominik Lieser ist heute 25 Jahre alt und wohnt in Fischbach. Er erinnert sich noch genau an den Aufruf: „Wir sind damals fast mit der ganzen Fußball-Mannschaft dahin, um uns typisieren zu lassen.“ „Typisierung“ ist der Fachbergriff für die Aufnahme in die Stammzellspenderdatei: Nach entsprechender Aufklärung muss ein Spender schriftlich sein Einverständnis zur Registrierung seiner Daten geben. Aus einer Blutprobe – es genügt ein Fingerhut voll Blut – werden die Gewebemerkmale des Spenders im Labor bestimmt. Gleiches funktioniert auch mit einem Abstrich der Mundschleimhaut, der mit Hilfe eines Wattestäbchens durchgeführt wird. Die Gewebemerkmale werden nach der Analyse bei der Spenderdatei – der Stefan-Morsch-Stiftung – gespeichert. Von dort werden sie anonym an das deutsche Zentralregister übermittelt, wo die weltweiten Suchanfragen nach einem passenden Spender auflaufen. Denn Chancen für einen an Leukämie erkrankten Patienten, innerhalb der eigenen Familie einen passenden Spender zu finden, sind recht gering: Nur bei etwa 30 Prozent der Erkrankten erweist sich ein naher Verwandter als geeigneter Spender. Deshalb wirbt die Stefan-Morsch-Stiftung seit mehr als 25 Jahren dafür, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen.
Nur etwa 1 Prozent der Spender, die in den verschiedensten Dateien registriert sind, werden jemals tatsächlich Blutstammzellen spenden. „Für mich war immer klar, dass, wenn die Stefan-Morsch-Stiftung mich kontaktiert, ist die Entschlossenheit da, dass ich auch Stammzellen spende“, erzählt Lieser, IT-Fachmann bei der Simona AG in Kirn. Freunde, Familie und auch die Arbeitskollegen unterstützten seinen Entschluss. Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Knochenmarkspender zu finden liegt in der Größenordnung von 1 : 10.000 und 1 : 1.000.000 und ist abhängig von den Gewebemerkmalen des Patienten. Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Stammzelltransplantation.
Der sportliche Fischbacher ist inzwischen fast ein Fachmann in Sachen Stammzelltransplantation. Es gibt zwei Entnahmeformen: Bei der klassischen Methode der Knochenmark-Entnahme entnehmen Mediziner etwa 0,8 bis 1,5 Liter Knochenmark-Blut-Gemisch aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut funktioniert ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender vorher ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren. Dominik Lieser fand die Vorbereitung „sehr spannend“: „Es geht ja darum zu helfen.“