Hoffen – Helfen – Heilen

Im normalen Leben sorgt Margret Dietz gemeinsam mit ihren Kollegen unter anderem dafür, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Sparkasse Dortmund jeden Monat pünktlich ihr Gehalt auf dem Konto haben. Doch in den vergangenen Wochen hat ein wildfremder Mensch das Leben der 50-Jährigen ein bisschen auf den Kopf gestellt. Denn es ging um Leben und Tod dieses Menschen, der irgendwo auf der Welt lebt und an Leukämie erkrankt ist. Margret Dietz aus Dortmund ist die einzige, die diesem wildfremden Menschen die Chance geben kann, vom Blutkrebs geheilt zu werden. Denn die Gehaltsbuchhalterin ist die passende Stammzellspenderin und seit 13 Jahren bei der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei, registriert.
Die Stammzellspenderdatei aus Birkenfeld leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. Beinahe täglich sind Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um junge Menschen als Stammzellspender zu gewinnen. Vor 13 Jahren war ein solches Team in einer Sparkassenfiliale in Dortmund. Denn das Kind eines Mitarbeiters war an Leukämie erkrankt. Damals haben sich viele als potenzielle Lebensretter registrieren lassen. Margret Dietz war eine von ihnen: „Ich dachte, das ist eine ganz einfache Art, um vielleicht jemandem zu helfen.“

Eine Sprecherin der Stiftung erklärt: „Als Typisierung bezeichnet man die eigentlichen Laborarbeiten, die für eine Aufnahme in die Stammzellspenderdatei notwendig sind. Aus einer Blutprobe – es genügt ein Fingerhut voll Blut – werden die für eine Transplantation relevanten HLA-Gewebemerkmale im Labor bestimmt. Das gleiche funktioniert auch mit einem Abstrich der Mundschleimhaut.“ Damit hatte die Buchhalterin den ersten Schritt auf dem Weg zum Lebensretter getan.

Leukämie ist nur eine der bösartigen Erkrankungen, die eine Übertragung gesunder Blutstammzellen erfordern können. Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System – seine einzige Chance auf Leben, wenn Chemotherapie oder Bestrahlungen nicht geholfen haben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn es Menschen wie Margret Dietz gibt, die sich typisieren lassen – sprich: als Stammzellspender einer Spenderdatei erfasst sind. Um Stammzellen transplantieren zu können, müssen die Gewebemerkmale von Spender und Patient übereinstimmen. So sind in den Knochenmark- und Stammzellspenderdateien wie der Stefan-Morsch-Stiftung zwar weltweit über 20 Millionen Menschen registriert – trotzdem ist es immer noch ein Glücksfall, wenn sich für einen Patienten ein passender Spender findet.

Margret Dietz ist so ein Glücksfall. Im September 2013 war eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter, als sie nach Feierabend nach Hause kam: Eine Mitarbeiterin der Stefan-Morsch-Stiftung bat um Rückruf. Am Telefon erfuhr sie, dass sie als Spenderin für einen Patienten in Frage kommt. „Ich war ziemlich aufgeregt. Aber ich dachte auch, dass nichts daraus wird“, erzählt Margret Dietz. Anfang Oktober war klar, dass sie die passende Spenderin ist. Bis der Entnahmetermin feststand, dauerte es noch bis ins nächste Jahr. „Ich war überrascht, aber ich habe mich total gefreut“, erinnert sich Margret Dietz. Ihre Familie ist stolz über das Engagement. „Aber meine Tochter macht sich auch ein bisschen Sorgen um mich“, räumt sie ein.

Bevor die Mutter einer erwachsenen Tochter Stammzellen spenden darf, wird sie umfassend aufgeklärt und gründlich untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu herauszufinden, ob sie wirklich die optimale Spenderin ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass die 50-Jährige ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten sie während dieser ganzen Vorbereitungsphase.

Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.

Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Weder sie noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Margret Dietz und ihr Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass sie einander kennenlernen können.

Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg: Parallel zur Vorbereitung von Margret Dietz wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: Sein Immunsystem wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet. Emil Morsch, Vorstandsvorsitzender der Stefan-Morsch-Stiftung: „Eine Transplantation ist immer eine letzte Chance. Diese Chance hat er nur durch Margret Dietz.“

Nach der Apherese wirbt die begeisterte Keglerin und Sängerin im Gemischten Chor Huckarde für die Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke: „Hier kann man etwas Gutes tun. Noch mehr Menschen sollten sich typisieren lassen.“

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