Hoffen – Helfen – Heilen

Das Leben eines wildfremden Menschen retten, der an Blutkrebs erkrankt ist. Diese Chance bekommt man nur, wenn man einen nahezu identischen genetischen Zwilling dieses Leukämiepatienten in einer der Stammzellspenderdateien findet. Immer noch verlaufen manche dieser Suchanfragen vergeblich. Doch Niklas Diehm aus Wertheim (Main-Tauber-Kreis) ist der passende Stammzellspender eines Leukämiepatienten. Seit vier Jahren ist er als Spender mit seinen Gewebemerkmalen gespeichert. 2015 konnte der 23-Jährige Kriminalpolizist helfen – damit sein genetischer Zwilling vielleicht den Kampf gegen die Leukämie gewinnt.Im Februar 2011 ist Niklas Diehm als Wehrdienstleistender bei der Bundeswehr. In der Hermann-Köhl-Kaserne in Niederstetten, bei der Blutgruppenbestimmung, wird er gefragt: „Können wir ein Röhrchen mehr Blut abnehmen?“ Damit ist er bei der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei, als potenzieller Spender registriert. „Ich fand das eine gute Idee. Ich wollte mich schon früher registrieren lassen, war damals aber noch zu jung.“ Nahezu täglich sind Teams der gemeinnützigen Stiftung bundesweit unterwegs, um über das Thema Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke aufzuklären – auch in den verschiedensten Bundeswehrstandorten. Es geht darum, Menschen zu sensibilisieren, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen.
Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland etwa 11 000 Menschen an bösartigen Blutkrankheiten wie etwa der Leukämie. Jeder zweite Patient ist ein Kind oder Jugendlicher. Je nach Leukämieart variieren die Heilungsaussichten. Oft reicht die Behandlung mit einer Chemotherapie oder Bestrahlung nicht aus. Dann ist die Übertragung gesunder Blutstammzellen die einzige Hoffnung auf Leben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn sich ein passender Stammzell- bzw. Knochenmarkspender zur Verfügung stellt, der die gleichen genetischen Merkmale hat, wie der Patient.
Aus einer Blutprobe(knapp ein Fingerhut voll Blut) sind bei der Typisierung des Kriminalpolizisten die Gewebemerkmale bestimmt und bei der Spenderdatei gespeichert worden. Seitdem stehen sie anonym im deutschen Zentralregister (ZKRD) in Ulm, wo sie mit denen der Patienten weltweit verglichen werden können. Mit jedem neu gewonnenen Spender erhöht sich somit die Chance, dass einem leukämiekranken Patienten das Leben gerettet werden kann.
Der 23-Jährige hat gerade sein Studium an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, in Villingen-Schwenningen, abgeschlossen und ist jetzt Polizeikommissar. Jetzt macht er noch für sechs Monate eine Einführungsfortbildung im Polizeipräsidium Heilbronn. „Bisher habe ich in die verschiedenen Abteilungen reingeschnuppert“, erzählt er. Wegen des Berufs geht er nicht mehr so oft ins Fußballtraining. Beim SV Eintracht Nassig ist er Abwehrspieler.
Im Februar waren seine Abschlussprüfungen. Er kam gerade aus dem Prüfungssaal und nahm sein Handy in die Hand. Da klingelte es auch schon: Seine Mutter erzählt ihm, dass die Stefan-Morsch-Stiftung angerufen hat und ihn um Rückruf bittet. Das hat er dann auch direkt gemacht und erfährt, dass er der passende Spender für einen an Leukämie erkrankten Menschen ist. Darüber hat er sich gefreut: „Ich fand das gut, weil ich vielleicht jemandem helfen kann. Aber ich wollte erst mal abwarten, ob es wirklich bis zur Spende kommt.“ Nach einer erneuten Blutuntersuchung muss er zur Voruntersuchung. „Bedenken hatte ich keine. Aber Fragen dazu, wie die Spende abläuft“, erzählt er.
Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird. Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – punktieren die Ärzte den Beckenknochen des Spenders – niemals das Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. „Die Ärzte haben die Apherese empfohlen. Ich hätte beides gemacht, aber so war es mir auch lieber“, gibt er zu. In den Tagen vor der Entnahme musste er sich den Botenstoff spritzen: „Bei der ersten Spritze musste ich mich überwinden. Dann hab ich gemerkt, dass es nicht so schlimm ist.“
Dem Patienten drückt er jetzt die Daumen: „Ich hoffe, dass er gesund wird und ich ihn vielleicht irgendwann kennenlernen kann.“ (az)

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