Hoffen – Helfen – Heilen

Irgendwo in den Niederlanden gibt es einen 39-jährigen Familienvater, der an Leukämie erkrankt ist. Stefan Gimmerthal aus Finnentrop kennt ihn nicht. Der Bäcker aus dem Kreis Olpe weiß, nichts über den Mann – nur, dass er zwei Kinder hat, ein sehr ähnliches genetisches Muster wie er selbst hat und dringend seine Hilfe braucht. Und diese Hilfe gibt Stefan Gimmerthal: Mitte letzten Jahres mit einer Stammzellspende und jetzt noch einmal mit einer Lymphozytenspende.Seit Januar 2002 ist der Finnentroper als Stammzellspender bei der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei, registriert. „Das haben damals alle gemacht“, erzählt der Mann, der auch regelmäßig zu Blut spenden geht. Mitte vergangenen Jahres ergaben seine Gewebemerkmale einen Treffer. Die Spenderdatei kontaktierte ihn und fragte, ob er noch bereit sei, Stammzellen zu spenden. Obwohl er eigentlich in Urlaub fahren wollte, war klar: Der inzwischen verheiratete Bäcker will helfen. Sein Chef von der Bäckerei Friedhoff stand ebenfalls dahinter und bot an, dass er einfach seinen Urlaub verschieben kann: „Kein Problem. Es war schließlich der einzige Weg, wie man diesem Menschen helfen konnte“, sagt der passionierte Dartspieler, der beim 1. SDC Siegerland in der Bezirksliga antritt.
Die Stefan-Morsch-Stiftung erklärt was, passiert wenn wie in Stefan Gimmerthals Fall eine Stammzellspende ansteht: „Wir kontaktieren den Spender. Er wird erneut gefragt, ob er freiwillig und unentgeltlich für einen unbekannten Patienten spenden möchte.“ Dann folgt eine Reihe von Voruntersuchungen, um herauszufinden, ob er wirklich der optimale Spender ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass der Spender ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung, An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen.
Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, wurden bei Stefan Gimmerthal periphere Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse entnommen. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In der rheinland-pfälzischen Entnahmestation der Stiftung werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird. Das passierte alles im vergangenen Jahr: „Ich habe mir vorher eigentlich keinen großen Kopp gemacht. Man kann einfach ein Menschenleben retten. Außerdem will ich einfach meinen genetischen Zwilling kennenlernen. Das fände ich sehr spannend“, erzählte er damals direkt nach der Spende. Heute weiß er, aufgrund der Datenschutz-Bestimmungen der Niederlande wird er den Mann nie kennenlernen dürfen. Doch noch ist die Geschichte der beiden nicht zu Ende.
Die Spender wie Stefan Gimmerthal werden nach der Stammzellspende für weitere Entnahmen bis zu zwei Jahre reserviert. Das bedeutet: Treten bei dem Patienten auch nach der Übertragung von Stammzellen Komplikationen auf, entscheidet das behandelnde Transplantationszentrum sich bisweilen dafür, das blutbildende System mit einer weiteren Lymphozyten-Infusion zu unterstützen.
„Lymphozyten sind eine Form von weißen Blutkörperchen und haben wichtige Funktionen bei der Erkennung von Selbst und Fremd im Körper. So kämpfen sie bei der Abwehr von Infektionen und bei der Kontrolle von bösartigen Erkrankungen in vorderster Front“, so die Stefan-Morsch-Stiftung. Bei einer Übertragung von Stammzellen spielen Lymphozyten eine besondere Rolle: Lymphozyten aus dem ursprünglichen Transplantat des Spenders sind für unerwünschte Nebenwirkungen wie die „Transplantat gegen Wirt“ Reaktion (GvHD) beim Empfänger verantwortlich. Dabei wendet sich das Transplantat gegen den Körper des Empfängers – eine gefährliche Situation. Gleichzeitig haben diese intakten Abwehrzellen des Spenders aber auch einen wichtigen Effekt beim Kampf gegen den Krebs. Diese Zellen können im Körper des Patienten auch kranke, von der Leukämie oder anderen bösartigen Erkrankungen noch übrig gebliebene Zellen erkennen und vernichten. Diesen Mechanismus („Graft-versus-Leukämia“-Effekt) macht man sich heute bei einigen Patienten gezielt zunutze. Durch eine dosierte zusätzliche Übertragung von aktiven Immunzellen des Spenders nach der Transplantation versucht man, den „Graft-versus-Leukämia“-Effekt zu stärken und damit einen Rückfall der bösartigen Grunderkrankung zu verhindern.
Genau deshalb reiste Stefan Gimmerthal nun wieder nach Birkenfeld, um Lymphozyten zu spenden: „Das war alles ganz harmlos“, sagt er und wirbt dafür, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. „Typisierung – das sollte eigentlich jeder machen.“

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