„Hallo, ich bin Simon, leidenschaftlicher Fotograf, absolut sportbegeistert und seit über 14 Jahren Soldat. Durch die Bundeswehr kam ich auch 2009 zum ersten Mal in Kontakt mit der Stefan Morsch Stiftung. Für mich war es selbstverständlich, mich als Spender aufnehmen zu lassen und im Zweifelsfall auch jederzeit Stammzellen zu spenden.
Das erste Mal wurde ich 10 Jahre nach der ersten Typisierung kontaktiert. Ob ich bereit wäre zu spenden? Natürlich. Nach eingehender Information und bereits mit den Medikamenten im Gepäck bekam ich kurz vor der Spende einen Anruf, dass die Entnahme nicht stattfinden würde. Ich war zu diesem Zeitpunkt irgendwie erschüttert. Nicht meinetwegen, sondern weil ich wusste, was das für den möglichen Empfänger bedeuten konnte. Im Sommer 2022 war ich gerade aus einem Auslandseinsatz zurückgekehrt und machte mit Freunden und deren Familien Urlaub in einem Ferienhaus. Lachende Kinder, laute Musik und lange Abende mit guten Gesprächen. Mitten in dieser Idylle ein Anruf aus Deutschland. Birkenfeld stand auf dem Display. Ob ich denn immer noch bereit wäre zu spenden?
Ich empfinde es als ein unfassbares Privileg, mein Leben auf die Weise zu genießen zu können. Und mir ist bewusst, dass es keine Selbstverständlichkeit ist. Umso wichtiger ist es mir, dass ich ein Teil dieser Wertschätzung und der Dankbarkeit dafür in irgendeiner Weise weitergeben kann. Und natürlich würde ich es mir andersherum genauso wünschen, dass jemand – ohne mich zu kennen – bereit wäre, mir in einer Lage zu helfen, die ich mir selbst nur im Ansatz vorstellen kann. Auch diesmal musste ich nicht darüber nachdenken. Natürlich würde ich spenden.
Im Dezember wurde dann eine letzte Voruntersuchung durchgeführt und ich bekam noch einmal genauestens gezeigt, wie ich mich mit den Medikamenten auf die Entnahme vorbereiten sollte. Auch wurden mir alle Abläufe und Zusammenhänge noch einmal ganz genau erklärt. Und ich war gleichzeitig überwältigt und irritiert. Überwältigt von der Hingabe und positiven Einstellung aller, die in irgendeiner Art vor Ort oder bei der Stefan Morsch Stiftung ihren Teil dazu beitragen, dass alles gelingt. Und irritiert, weil mir genau diese Menschen, die jeden Tag mit ihrer Arbeit Menschen helfen und Leben retten, so viel Fürsorge und Dankbarkeit entgegenbrachten, als würde es dabei um sie selbst gehen. Und das obwohl ich doch nur etwas davon abgeben würde, was ich ohnehin habe. Die Tage vor der Spende fühlte ich mich dann aufgrund der Medikamente tatsächlich ein wenig, als hätte ich Grippe. Naja, eigentlich hatte ich vor allem Hunger und war ununterbrochen müde. In meinen Augen ein wirklich geringer Preis. Auch, wenn ich natürlich froh war, als die Wirkung der Medikamente am Tag nach der Entnahme wieder nachließ. Auch hier wurde ich nicht allein gelassen. Sowohl die zuständige Ärztin, als auch die Stefan Morsch Stiftung riefen zwischendurch an und fragten nach mir.
Der Entnahmetag und eigentlich schon der Abend davor waren wieder geprägt von vielen positiven Menschen und Eindrücken. Ein kleines familiäres Hotel, das extra für mich und einen anderen Spender den Jahresurlaub unterbrochen hatte und in dem man beim Frühstück so umsorgt wurde und mehr essen musste als zu Besuch bei Oma, stand sinnbildlich für den Rest des Tages. Die Atmosphäre im Blutspendezentrum war nicht weniger warm und herzlich. Ich erinnere mich an kurzweilige Gespräche, viel Lachen und ein Gefühl so sehr umsorgt zu werden, dass es mir schon unangenehm war. Ich musste doch nichts anderes machen, als auf einem bequemen Stuhl zu sitzen und meine Arme gestreckt zu halten. Und dann war auch schon alles vorbei. Viel schneller noch, als geplant. Schon am ersten Tag und deutlich vor dem Erreichen der maximalen Zeit, surrten die Maschinen und hatten ihre Arbeit erledigt. Noch ein ausgiebiges Mittagessen während geprüft wurde, ob es wirklich genug Stammzellen waren und dann ging es auch schon wieder nach Hause.
Eigentlich ein sehr kurzes Erlebnis. Aber im Hinterkopf war immer der Gedanke an den Empfänger. In den etwas unangenehmeren Momenten, weil es mir Kraft gegeben hat. „Wenn das für mich gerade nicht schön ist, wie muss es erst dieser Person gehen?“ Und in den positiven Momenten der Gedanke, dass es hoffentlich für uns beide wertvoll sein wird. Dass diese Spende für diesen Menschen das gewünschte Ergebnis bringt. Ich habe erst nach der Spende ein paar Dinge über den Empfänger erfahren. Herkunft, Geschlecht und das ungefähre Alter. Nicht, dass es für mich eine Rolle gespielt hätte. Diese Dinge waren und sind mir egal. Nicht egal ist mir aber der Mensch. Und auch nicht, dass es da diesen Menschen gibt, dem ich mit ein paar Tagen Müdigkeit und Heißhunger hoffentlich helfen konnte. Und der mir, ohne es zu wissen eine Erfahrung und viele tolle Begegnungen geschenkt hat.
Für mich stellte sich zu keinem Zeitpunkt die Frage, ob ich das „durchziehe“ oder gar ob es das wert sei. Da ist jemand, irgendwo auf der Welt, dem es nicht gut geht und der sich über ein bisschen Glück und Zukunft freut. Und da ist jemand anderes, genau hier, dem es gut geht und dem es auch dadurch nicht schlechter geht, dass er dieses Glück teilt. Das bin ich. Und ich teile das gerne. Ich finde, das ist ein einfacher aber wichtiger Grund.
Und ganz ehrlich? Ja, es ist ein gutes Gefühl. Und ja, ich würde jederzeit wieder spenden.“