Hoffen – Helfen – Heilen

Eigentlich mag Christopher Much aus Kleve keine Spritzen. Dennoch lässt sich der Marinesoldat freiwillig über vier Tage lang jeden Tag zwei davon in die Bauchdecke geben. Kurz danach sagt der 28-Jährige: „Ich habe es gern getan.“ Denn diese Spritzen waren die Vorbereitung, um einem wildfremden Menschen das Leben retten zu können.
Christopher Much ist als Unteroffizier in Kiel stationiert. Im Sommer 2013 war er noch in der Unteroffiziersschule in Plön. Dort traf er ein Team der Stefan-Morsch-Stiftung. Seit 1986 bietet die Stefan-Morsch-Stiftung Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke an und führt die erste Stamzellspenderdatei Deutschlands. Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland etwa 11.000 Menschen an bösartigen Blutkrankheiten wie etwa der Leukämie. Oftmals reicht die Behandlung mit einer Chemotherapie oder Bestrahlung nicht aus. Dann ist die Übertragung gesunder Blutstammzellen die einzige Hoffnung auf Leben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn sich ein passender Stammzell- bzw. Knochenmarkspender zur Verfügung stellt. Deshalb ist die Stefan-Morsch-Stiftung nahezu täglich in ganz Deutschland unterwegs, um über das Thema Stammzellspende aufzuklären – auch in den verschiedensten Bundeswehrstandorten.

So wurde auch Christopher Much typisiert. Der Ablauf war einfach: Er wurde genau darüber aufgeklärt, wie eine Transplantation funktioniert und füllte einen Fragebogen zu seinem Gesundheitszustand aus. Dann unterschrieb er die Einverständniserklärung. Ihm wurde ein kleines Röhrchen voll Blut abgenommen, um es auf seine Gewebemerkmale, die HLA-Werte, hin zu untersuchen. Benötigt ein Patient eine Transplantation, werden genau diese HLA-Werte mit denen von potentiellen Spendern in den weltweit vernetzten Spenderdateien verglichen. Um als Spender in Frage zu kommen, stimmen im Idealfall zehn von zehn dieser Werte überein. In den Knochenmark- und Stammzellspenderdateien wie der Stefan-Morsch-Stiftung sind weltweit mehr als 20 Millionen Menschen registriert und trotzdem ist es oft ein Glücksfall, wenn sich für einen Patienten ein passender Spender findet.

Christopher Much ist so ein Glücksfall. Wenige Monate seit seiner Registrierung vergehen, bis ihn die Stefan-Morsch-Stiftung anruft mit der Nachricht, dass er als Spender für einen Leukämiepatienten in Frage kommt. „Das ist schön“, freut sich Much, „dann hat sie das Typisieren ja gelohnt!“ Ihm wurde ein Blutentnahme-Set zugeschickt, mit dem ihm sein Hausarzt Blut abnahm. Das Set schickte er an die Stefan-Morsch-Stiftung zurück, wo sein Blut genau untersucht wurde. Schnell stand fest, dass er der geeignete Spender ist und zwei Wochen nach dem ersten Anruf der Stiftung fährt er schon zur Voruntersuchung nach Birkenfeld. „Ich war zuerst erstaunt, dass alles so schnell ging, aber ich hab mich gefreut, dass ich jemandem helfen kann.“

Nicht nur Muchs Familie hat sich über sein Engagement gefreut. Auch seine Vorgesetzten bei der Bundeswehr lobten seine Bereitschaft: „Ich habe ohne Probleme Sonderurlaub für die erforderlichen Termine bekommen“, erzählt er.

Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Diese Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme von Knochenmark aus dem Beckenkamm – niemals aus dem Rückenmark. Die zweite Möglichkeit ist die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut (Apherse) – ähnlich wie bei einer Dialyse. Dazu muss sich der Spender vorher einen körpereigenen Botenstoff spritzen, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation – wie bei der Stefan-Morsch-Stiftung im rheinland-pfälzischen Birkenfeld – werden dann die Stammzellen herausgefiltert. Über die Art der Spende entscheidet der Stammzellspender. Das Transplantat wird dann schnellstmöglich zum Patienten gebracht – ob in die USA, Australien oder nach Flensburg. Denn nach der Entnahme muss die Transplantation innerhalb von 72 Stunden erfolgen.

Christopher Much, der seine freie Zeit am liebsten mit Lesen verbringt, entschied sich für die Apherese. Die Vorbereitung auf die Entnahme war für Much wegen seiner Abneigung gegen Spritzen nicht ganz einfach. Doch um zu helfen, hat er sich überwunden: „Die erste Spritze hab ich selbst gesetzt, dann übernahm das meine Schwester. Die hat sich gefreut, mir ein bisschen weh zu tun“, erzählt er lachend. Die Apherese hat er gut überstanden. „Im Nachhinein war alles halb so wild und wenig Aufwand“, fasst er zusammen. „Jetzt hoffe ich, dass es nicht umsonst war und dem Patienten geholfen werden kann.“

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