Hoffen – Helfen – Heilen

Ein kleiner Piek vor fast drei Jahren war Gunter Landbecks erster Schritt auf dem Weg zum Lebensretter. Auf dem „Betze“ ließ sich der 43-Jährige aus Hillesheim (Kreis Mainz-Bingen) im Frühling 2012 als Stammzellspender bei der Stefan-Morsch-Stiftung registrieren. Vor fast einem Jahr hat der Servicetechniker den zweiten entscheidenden Schritt getan: Er hat seinem an Leukämie erkrankten genetischen Zwilling, einem ihm völlig fremden Menschen, mit einer Stammzellspende die Chance gegeben den Blutkrebs zu besiegen.
Die Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands älteste Stammzellspenderdatei, leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. Beinahe täglich sind Teams der Stiftung bundesweit unterwegs, um junge Menschen als Stammzellspender zu gewinnen. Vor zwei Jahren Jahren war ein Entnahme-Team bei einem Heimspiel der Fußballer des 1. FC Kaiserslautern. Damals ließ sich auch Gunter Landbeck als potenzielle Lebensretter registrieren: „Mit einer Typisierung kann man Leben retten. Ich wollte was Gutes tun.“

Als Typisierung bezeichnet man die Laborarbeiten, die für eine Aufnahme in die Stammzellspenderdatei notwendig sind. Aus einer Blutprobe – es genügt ein Fingerhut voll Blut – werden die für eine Transplantation relevanten HLA-Gewebemerkmale im Labor bestimmt. Das gleiche funktioniert auch mit einem Abstrich der Mundschleimhaut.“ Damit hatte der 43-Jährige Hillesheimer den ersten Schritt auf dem Weg zum Lebensretter getan.

Leukämie ist nur eine der bösartigen Erkrankungen, die eine Übertragung gesunder Blutstammzellen erfordern können. Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System – seine einzige Chance auf Leben, wenn Chemotherapie oder Bestrahlungen nicht geholfen haben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn es Menschen wie Gunter Landbeck gibt, die sich typisieren lassen – sprich: als Stammzellspender einer Spenderdatei erfasst sind.

Um Stammzellen übertragen zu können, müssen die Gewebemerkmale von Spender und Patient übereinstimmen. So sind in den Knochenmark- und Stammzellspenderdateien wie der Stefan-Morsch-Stiftung zwar weltweit über 20 Millionen Menschen registriert – trotzdem ist es immer noch ein Glücksfall, wenn sich für einen Patienten ein passender Spender findet.

Gunter Landbeck ist so ein Glücksfall. Bei der Katzenmeier GmbH in Pfungstadt (Kreis Darmstadt-Dieburg), einer Firma für Werkzeugmaschinen, ist er als Servicetechniker für Reparatur und Wartung zuständig. Auch in seiner Freizeit interessiert er sich für Maschinen – vor allem für alte. Das älteste seiner Mopeds, ein NSU Quickly, wurde 1965 gebaut. Im Winter 2013 ruft ihn dann die Stefan-Morsch-Stiftung an: Er kommt als Stammzellspender für einen Leukämiepatienten in die engere Auswahl. „Mache mer“, hat er damals ganz rheinhessisch geantwortet. „Das war gar keine Frage, ob ich das mache.“ Seine Frau und die beiden Töchter waren stolz. Freunde und Bekannte reagierten gespalten. „Einige haben mich gefragt, was ich für meinen Dienst bekomme. Das hat mich geschockt. Es geht bei der Stammzellspende um viel mehr als um eine Belohnung“, erzählt er. Die Stefan-Morsch-Stiftung ergänzt: Eine Stammzellspende ist immer freiwillig und unentgeltlich.“

Bevor Gunter Landbeck Stammzellen spenden darf, wird er umfassend aufgeklärt und gründlich untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu zu klären, ob der 43-Jährige wirklich der optimale Spender ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass der Spender ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung, An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen.

Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.

Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Weder der Spender noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Gunter Landbeck und sein Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.

Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Parallel zur Vorbereitung von Gunter Landbeck wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: Das Immunsystem des Patienten wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet. Gunter Landbeck weiß das: „Ich fühlte mich verantwortlich für den Empfänger.“

Der 43-Jährige hat per Apherese gespendet. Nach der Entnahme zieht er ein positives Fazit: „Die Stammzellspende ist eine gute Sache. Ich hatte mich auf mehr Schmerzen eingestellt, aber das kam nur sporadisch vor. Letztendlich hoffe ich, dass ich dem Patient damit helfen kann.“

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