Hoffen – Helfen – Heilen

Schon lange engagiert sich Karsten Afting aus Hamm ehrenamtlich als Einsatzsanitäter beim Malteser Hilfsdienst. Helfen ist für ihn ein Muss. So war es für den 25-Jährigen keine Frage, dass er sich 2008 als potenzieller Stammzellspender für einen Leukämiepatienten bei der Stefan-Morsch-Stiftung typisieren lässt. Wenige Monate nach seiner Registrierung als möglicher Lebensretter wird er gebraucht: Sein genetischer Zwilling ist an Leukämie erkrankt und dringend auf eine Stammzelltransplantation angewiesen. Sofort ist der Student dazu bereit, für den Fremden zu spenden: „Für mich ist es selbstverständlich zu helfen, wenn ich helfen kann.“
Die Stefan-Morsch-Stiftung, die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands, leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. Beinahe täglich sind Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um junge Menschen als Stammzellspender zu gewinnen. Vor sechs Jahren war ein solches Team in Emsdetten: „Das war ein Blutspende- und Typisierungstermin des Malteser Hilfsdienst gemeinsam mit der Stiftung. Ich war als Helfer des Malteser dort. Ich wollte mit gutem Beispiel voran gehen und ließ mich deshalb typisieren“, erzählt der Student.

Eine Sprecherin der Stiftung erklärt: „Als Typisierung bezeichnet man die eigentlichen Laborarbeiten, die für eine Aufnahme in die Stammzellspenderdatei notwendig sind. Aus einer Blutprobe – es genügt ein Fingerhut voll Blut – werden die für eine Transplantation relevanten Gewebemerkmale (HLA-Werte) im Labor bestimmt.“ Damit hatte der 25-Jährige den ersten Schritt auf dem Weg zum Lebensretter getan.

Leukämie ist nur eine der bösartigen Erkrankungen, die eine Übertragung gesunder Blutstammzellen erfordern können. Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System – seine einzige Chance auf Leben, wenn Chemotherapie oder Bestrahlungen nicht geholfen haben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn es Menschen wie Karsten Afting gibt, die sich typisieren lassen – sprich: als Stammzellspender einer Spenderdatei erfasst sind.

Um Stammzellen transplantieren zu können, müssen die Gewebemerkmale von Spender und Patient übereinstimmen. So sind in den Knochenmark- und Stammzellspenderdateien wie der Stefan-Morsch-Stiftung zwar weltweit über 25 Millionen Menschen registriert – trotzdem ist es immer noch ein Glücksfall, wenn sich für einen Patienten ein passender Spender findet.

Karsten Afting ist so ein Glücksfall. An der Hochschule Hamm-Lippstadt studiert er Medizintechnik. „Das ist so ähnlich wie ein Maschinenbau-Studium, nur mit Schwerpunkt auf medizinische Geräten“, erklärt der Student. Neben seinem ehrenamtlichen Engagement beim Malteser Hilfsdienst spielt er Handball beim Hammer Sport-Club.

Im Oktober 2013 rief ihn eine Mitarbeiterin der Stefan-Morsch-Stiftung an, denn er kam für einen Patienten in Frage. Gerne erklärte er sich dazu bereit. „Für mich war das ein Muss“, bestätigt Karsten Afting. Per Post bekam er ein Blutentnahme-Set, mit dem ihm sein Hausarzt eine Blutprobe abnahm, um weitere genetische Werte zu untersuchen. „Erst im März meldete sich die Stiftung wieder“, erinnert sich Afting. Und dann ging es schnell, vier Wochen später war der Entnahmetermin in der Birkenfelder Stiftung, einen Tag vor seinem Geburtstag. Familie und Freunde finden gut, was er macht. „Ein paar wollen sich jetzt auch typisieren lassen“, erzählt er zufrieden. Auch die Uni unterstützt ihn. „Mein Dozent hat die Abgabefrist für meine Hausarbeit verlängert, so dass ich keinen Nachteil habe.“

Bevor der 25-Jährige Stammzellen spenden darf, wird er umfassend aufgeklärt und gründlich untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu herauszufinden, ob er wirklich der optimale Spender ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass der Spender ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung sowie An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen. Afting ist zufrieden: „Alles ging fließend und angenehm von statten. Das Personal hat alles gut erklärt und die einzelnen Schritte für mich transparent und gut verständlich gemacht.“

Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.

Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Weder der Spender noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Karsten Afting und sein Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.

Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg: Parallel zur Vorbereitung von Karsten Afting wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: Sein Immunsystem wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet. Emil Morsch, Vorstandsvorsitzender der Stefan-Morsch-Stiftung: „Eine Transplantation ist immer eine letzte Chance. Diese Chance hat er nur durch Karsten Afting.“

Der Student hat per Apherese gespendet. Nach der Entnahme zieht er ein positives Fazit: „Ich würde es wieder machen. Ich hoffe, dass der Empfänger überleben kann, gesund wird und er ein langes Leben hat.“

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